Wie man leben soll

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WIE MAN LEBEN SOLL ist, was man gemeinhin einen „Coming-of-age-Film“ nennt. Nur dass Charlie, sozusagen der Held des Streifens, das Alter nicht kommen sieht. Es trifft ihn ebenso unvorbereitet wie sein Übergewicht oder die Anforderung, so etwas wie einen richtigen Beruf zu finden.

Den Kampf um einen Platz im Leben tritt er mit dem Handicap an, dass Übersicht, Weitblick und taktisches Denken ebenso wenig zu seinen Eigenschaften gehören wie Elan, Durchsetzungsvermögen und Disziplin. Charlie ist, wie er aus einem Ratgeberbuch über Charaktertypen weiß, ein „Sitzer“. Damit ist er natürlich nicht zufrieden, insgeheim. In seinen Träumen ist er prominent, muskulös, intellektuell und vor allem: ein grandioser Rocksänger. Natürlich würde er all das gerne auch in der Realität haben. Doch er weiß, dass Sitzer sich nicht nur mit Taten schwertun, sondern bereits damit, etwas tun zu wollen. Durch das studentische Leben der späten 80er und frühen 90er lässt er sich träge treiben, womit er sich zunächst nicht von seinen Altersgenossen unterscheidet. WIE MAN LEBEN SOLL ist auch eine kleine Zeitreise, insbesondere ein Rückblick auf jene unwiederbringlich vom Leistungsdenken dahingeraffte Uni-Kultur, in der Zukunftsangst allenfalls ein Seminarthema und der Studienabschluss ein eher gefürchtetes denn herbeigesehntes, weil das gute Leben abschließendes Ereignis war. Charlie lernt, dass auch ein Sitzer Anschluss finden, Freunde gewinnen und sogar Frauen dazu bringen kann, mit ihm ins zu Bett gehen. Wenn er nur nett ist. Und nett ist Charlie. Nett sein kann er, weil es ihn nicht anstrengt. Nett sein ist sein Wesenskern. Das behütet ihn aber nicht davor, insgesamt drei Menschen den Tod zu bescheren, natürlich stets mit den besten Absichten und aus purem Ungeschick. Doch der Mensch lebt nach Schicksalsschlägen weiter; und wenn er ein Sitzer ist, erst recht. Aus Charlie, dem Kunstgeschichtestudenten, der lieber Rockstar wäre, wird Charlie, der Taxi fahrende Studienabbrecher, der lieber Rockstar wäre. Eine Entwicklung im eigentlichen Sinn ist das nicht, aber ein Sitzer nimmt’s, wie’s kommt. Bis dann doch eine bizarre Verkettung von Umständen eine Haarnadelkurve in Charlies Lebensweg biegt und sein großer Lebenstraum auf erstaunliche Weise in Erfüllung geht.

Hattet ihr selber ziellose Jahre?

David Schalko:
Ja, die haben noch nicht aufgehört!
Thomas Maurer: Grundsätzlich ist es natürlich ein hohes Lebensziel, dass man sich bis an die Grenze von Demenz und Altersheimverwahrung überlegen sollte, was man werden will, wenn man groß ist. Ich kenn die Zeit insofern ganz gut. Ich hab zwar nicht studiert, aber ich hab Ende der 80er begonnen, Kabarettist zu sein, und hatte dann ein paar Jahre, wo ich weder eine Familie zu erhalten gehabt hab noch eine Karriere im engeren Sinn vorangetrieben habe, wo ich halt von dem gelebt hab, was gut gegangen ist. Diese Bildungsjahre waren für mich die späten 80er, frühen 90er, wo mir ein privilegiertes Leben vergönnt war, wo ich mich selbst erhalten hab, aber genug Zeit hatte, um meterhohe Bücherstapel durchzufressen und die Resultate Abende lang bei großen Kubaturen halbvergorener Getränke mit Freunden zu besprechen.

Spielzeiten und Tickets

Derzeit keine Termine.

AT/DK 2010, 104 min, R: David Schalko, B: Thomas Maurer, David Schalko, nach dem gleichnamigen Roman von Thomas Glavinic, K: Marcus Kanter, S: , D: Axel Ranisch, Harald Schober, Thomas Stipsits, Katharina Strasser, Robert Stadlober, Maria Hofstätter, Josef Hader, Robert Palfrader, Lukas Resetarits, Hilde Sochor